Ellwangen: Flüchtling erklärt zu Einsatz: "Niemand hat die Polizisten angegriffen!"
Hunderte von Polizisten haben am Donnerstag eine Flüchtlingsunterkunft in Ellwangen gestürmt, nur wenige Tage, nachdem ein Mob die Behörden daran gehindert haben soll, einen 23-jährigen Togoer festzunehmen, um diesen in Abschiebehaft zu bringen. Einer der Flüchtlinge erzählt vor der Kamera, wie er die Polizeieinsätze erlebte. Dutzende Heimbewohner hatten einen Streifenwagen umzingelt und lauthals gegen die Abschiebung protestiert. Angesichts der aufgebrachten Menschenmenge, die am Ende etwa 150 Personen ausmachte, ließen die vier Beamten den Festgenommenen wieder frei und verließen das Gelände, da sie eine weitere Eskalation befürchteten. Der Vorfall zog massive Reaktionen aus der Politik und Bevölkerung nach sich, vor allem aus CSU und AfD und Nutzern sozialer Medien kam der Vorwurf, der Rechtsstaat hätte vor organisierter importierter Gewalt kapituliert. Ein Flüchtling erzählt seine Sicht von der Razzia: "Ich sage Ihnen, dass sie [die Heimbewohner] nicht gegen die Polizei gekämpft haben. Jeder fragte sich nur, was vor sich ging. Jeder brüllte und weil es eine Menge an Menschen war, verschwand die Polizei wieder." Die Polizei schildert den Sachverhalt in ihrem Bericht folgendermaßen: "Die Polizei hatte den Mann zur Vorbereitung der Abschiebung gegen 2.30 Uhr bereits in Gewahrsam genommen und zum Streifenwagen verbracht, als sich zunächst rund 50 Bewohner mit dem Abzuschiebenden solidarisierten und die Polizei durch aggressives und drohendes Verhalten zur Freilassung des Mannes nötigen wollten. Die als extrem aggressiv und gewaltbereit empfundene Konfrontation führte dazu, dass die Polizei die bereits im polizeilichen Gewahrsam befindliche Person wieder freilassen musste, auch um eine andernfalls befürchtete massive Eskalation der Situation zu vermeiden. Durch Schlagen mit den Fäusten auf die zwei Streifenwagen war zu diesem Zeitpunkt bereits ein Dienstfahrzeug beschädigt worden. In der weiteren Folge rotteten sich rund 150 mutmaßliche Flüchtlinge zusammen." In Reaktion darauf und offenbar auch auf die aufgebrachten Stimmen aus der Öffentlichkeit beschloss die Polizei, die Einrichtung am Donnerstagmorgen mit mehreren hundert Einsatzkräften zu durchsuchen, um "einem durch die jüngsten Ereignisse drohenden rechtsfreien Raum in der Landeserstaufnahmeeinrichtung frühzeitig entgegenzuwirken und [diesen] zu verhindern". In der Begründung zu dem Einsatz heißt es außerdem, dass es Hinweise darauf gegeben habe, dass die Bewohner planen, sich auch bei künftigen Polizeieinsätzen zusammenzutun, um diese zu vereiteln. "Da es zudem ernst zu nehmende Aussagen aus der aggressiven Ansammlung gab, dass man sich bei einem erneuten Auftreten der Polizei nicht nur wieder in ähnlicher Form zur Wehr setzen werde, sondern dass man sich durch Bewaffnung auf die nächste Polizeiaktion vorbereiten wolle, sollen im Zuge der Polizeiaktion Waffen und gefährliche Gegenstände aufgefunden und beschlagnahmt werden." Drei der fünf Gebäude wurden dann "systematisch abgearbeitet und sämtliche dort anwesende Personen sowie Zimmer durchsucht". Da in den anderen zwei Gebäuden ausschließlich Frauen und Familien wohnen, waren diese nicht zum Ziel der Durchsuchung geworden. Der gesuchte 23-jährige Togolese befand sich nach wie vor in der Einrichtung. "Dieser wurde neben zehn anderen Unruhestiftern, die in der Vergangenheit wiederholt Ordnungsstörungen in der Landeserstaufnahmeeinrichtung begingen, in andere Landeserstaufnahmeeinrichtungen überstellt", schreibt die Polizei dazu. Weiter heißt es zum Einsatzgeschehen: "Es wurden insgesamt 292 Personen kontrolliert. 26 unternahmen Fluchtversuche und versuchten sich der Kontrolle zu entziehen. Elf Personen sprangen aus Fenstern. Alle Fluchtversuche konnten unterbunden werden. Es wurden insgesamt 12 Personen verletzt. Darunter elf Bewohner, wovon zwei aus Fenstern im ersten Obergeschoss bzw. dem Erdgeschoss sprangen." 23 Personen, die teilweise massiven Widerstand geleistet haben sollen, wurden vorübergehend festgenommen. "Bei 18 Personen konnten erhöhte Bargeldbestände, die über die Selbstbehaltsgrenze von 350 Euro hinausgingen, sichergestellt werden. Zudem wurden mehrere nicht zuordenbare bzw. gefälschte Dokumente festgestellt." Die vermuteten Waffen konnten offenbar nicht gefunden werden.